Bericht 2012 – Peter Klöckner

Prolog:

1979 war ich das erste Mal in Sambia, um Müllers bei der neu begonnen Arbeit an der Namwianga Sec. School, einer Missionsarbeit der Gemeinden Christi zu besuchen.

Nach dem ersten Weltkrieg kamen die ersten Missionare der Gemeinde nach Sambia und gründeten bald eine Klinik und später zahlreiche Schulen. Nach der Unabhängigkeit des Staates von der britischen Kolonialmacht übernahm der Staat die Grundschulen und die Mission gründete eine Sekundarschule mit Internat. Ziel war es, dabei dem etwas benachteiligten Volk der BaTonga zu helfen. Zum Internat gehörte eine Farm, die die Schüler auch mit ernähren und die Schule mitfinanzieren sollte. Klaus Müller hatte sich durch ein Studium der Landwirtschaft in den USA darauf vorbereitet, das Farm-Management und den Agrarkundeunterricht zu übernehmen. Nach einer wirtschaftlichen Blüte in den sechziger und Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts fiel das Land sehr schnell wirtschaftlich stark zurück. Nahrungsmittel, jede Art von Versorgungs- und Konsumgüter sowie Lehrmittel usw. wurden extrem knapp. Viele Menschen konnten sich nicht mehr ausreichend versorgen. Für mich schien es
besonders sinnvoll zu sein, gerade hier zu arbeiten und so bereitete ich mich darauf vor, Biologie-Lehrer an der Namwianga Sec. School zu werden. Nach dem Studium unterrichtete ich dort für ein Jahr als „unfertiger“ Lehrer, machte dann mein Referendariat in Deutschland und arbeitete dann wieder für 7 Jahre in Sambia. Klaus und ich hatten schnell bemerkt, dass die jungen Sambier nicht nur eine gute Schulbildung brauchten, sondern auch eine zeitgemäße, denn die traditionellen Formen der afrikanischen Versorgung reichen in unseren modernen Zeit nicht mehr aus. Ein sehr
rasches Bevölkerungswachstum, Mangel an landwirtschaftlicher Nutzfläche in den bevorzugten Siedlungsräumen und ständig steigende Kosten für Anschaffungen setzen ein kommerziell orientiertes Wirtschaften voraus. Die moderne Zeit erzwingt den Erwerb von Transport- und Kommunikationsmitteln, Informationsmaterial, Kleidung und Schulmaterial etc.. Gerade Eltern der christlichen Familien müssten in der Lage sein, wenigstens sich und ihre Kinder angemessen zu versorgen. Andererseits haben wir Christen der reichen Länder auch die Verantwortung, den Armen zu helfen. Die beste Hilfe ist die Vermittlung der Fähigkeit, sich selbst zu helfen…das ist der Auftrag der Schulen. Aber was nützen aller materielle Segen und alle Fähigkeiten, wenn der Mensch nicht zum ewigen Leben in der Ruhe Gottes kommt? Menschen geistlich zu helfen war immer das erste Anliegen der Mission und konnte u.a. auch teilweise durch die Schule vermittelt werden. Andererseits wurde die Schule eine Basis für evangelistisch tätige Sambier. Diese bekamen Hilfe, z.B. durch Transport, weit entfernte ländliche Gebiete für das Predigen zu erreichen.

Mein Beitrag zur Arbeit bestand u.a. neben dem Unterrichten und Bibelstundenlehren in dem Aufbau einer Schaf-und Ziegenzucht für die Schule (wobei Klaus als Farmmanager Raum, Material, Transport und viel sonstige Hilfe zur Verfügung stellte.) Damit konnten Ressourcen wie Ackerunkräuter und Dornbüsche der Farm erstklassig genutzt werden, die durch die wesentlich einfachere Rinderhaltung nicht verwertet wurden.

Als Klaus und ich durch Sambier ersetzt werden konnten, die in den USA ausgebildet worden waren, erwarb Klaus eine nah gelegene heruntergewirtschaftete Farm, Twin Fountain, um dort eine kleine praxisorientierte Fachschule für Landwirtschaft zu errichten, das Twin Fountain Agriculture College. Ich zog bald auch dorthin und arbeitete die letzten 2 Jahre meiner „Sambiazeit“ mit für die Vorbereitung des Colleges. In den 8 Jahren Sambia wurden diese Arbeit und was und wer damit zusammenhing eine Art Heimat für mich, mit der ich mich noch oft mehr verbunden fühle als mit unserem Kulturkreis. 1990 war es dann aber doch an der Zeit für mich, wieder nach Deutschland zurück zu gehen. Heinz und Ruth Müller, die Eltern von Klaus, die sich immer sehr bei dieser Arbeit eingebracht haben, zogen vor ca. 20 Jahren ebenfalls nach Sambia und leben auf der Twin Fountain Farm. Heinz baute zusammen mit einem Nachbar auf dessen Farm die Good Hope Primarschule auf.

Zweimal war ich, nachdem ich mich in Bremen etabliert hatte, wieder im Urlaub in Sambia, aber dann folgte eine -jährige „Sambiaabstinenz“. Erst diesen Sommer (2012) konnte ich endlich wieder Müllers besuchen.

Die BaTonga waren zwar für die Verhältnisse der Großregion südliches Afrika immer recht gute Landwirte gewesen. Sie waren Maisbauern und Rinderhalter und vor 120 Jahren das erste Volk nördlich des Sambesis, das das Ochsenjoch benutzte. Ich schätze aber, dass in den meisten Jahren die eigene Produktion nur ca. 3/4 des Nahrungsbedarfs deckte, der Rest wurde durch Jagen,Fischen und Sammeln erwirtschaftet. Die Dörfer wurden ca. alle 15-20 Jahre verlegt, da die Ackerflächen um sie herum ausgelaugt waren.

Neue Eindrücke, neue Bedingungen

Ich war noch immer etwas benommen von dem was für mich völlig neu war in Sambia: Saubere Gebäude, viel Tourismus und damit verbunden Geschäfte, Einkaufs-Arkaden, gute Restaurants (ja, man kann auch Pizza per Handy bestellen und dann vorfahren und sie abholen!), Angestellte, die sich Mühe geben, die Touristen zügig und freundlich abzufertigen usw. Jetzt saß ich im Flughafen von Livingstone , wo ich 16 Tag vorher angekommen und von Heinz Müller herzlich in Empfang genommen worden war.

„Oh, Müllers, die machen eine sehr gute Arbeit bei Kalomo“ , sagte ein freundlicher Vater aus Mazabuka, einer größeren Stadt ca. 200 km nördlich von Kalomo zu mir, als ich ihm sagte wo ich gewesen war. Er, Pastor der Holländisch-Reformierten Gemeinde, brachte gerade seine Kinder nach Südafrika zur Schule und war mit mir auf dem Flughafen von Livingstone ins Gespräch gekommen. Es war für mich natürlich schön, so etwas als letzten Kommentar zur Twin Fountain-Arbeit zu hören..und das sozusagen von neutraler Seite . Ich war mit meiner Frau vor 15 Jahren das letzte Mal in Sambia gewesen und hatte Müllers und damit die ehemalige Stätte meiner Arbeit besucht, aber die Entwicklung des Landes hatte ich nicht vorhergesehen.

Sambia hat sich gewaltig entwickelt, wobei es sich an die Chinesen verkauft hat, die die Straßen bauen, die in zahlreichen Unternehmen tätig sind und die Rohstoffe Sambias ausbeuten. Sambia war eines der ersten Länder Afrikas, in denen die Volksrepublik China als Freund und Entwicklungshelfer auftrat. In den siebziger Jahren baute sie für Sambia die Tansam-Eisenbahn vom Kupfergürtel nach Daressalam in Tansania. Ein großartiges Fehlprojekt, aber man sah nun China als durchaus fähig an, Großprojekte zu meistern. China war keine der ehemaligen Kolonialmächte, was es sympathischer macht. Der wirtschaftliche und politische Zusammenbruch Simbabwes trug ebenfalls zur Verbesserung der Situation Sambias bei: Farmer und Touristikunternehmer verließen Zimbabwe und kamen ins nun offene und sie gern aufnehmende Sambia.

Man kann jetzt viele Dinge und Nahrungsmittel kaufen, von denen man vor 15 Jahren nur träumen konnte. Gute Reisebusse fahren auf guten Straßen und die Leute in der Stadt sind ganz gut gekleidet und ernährt. Ob der Aufstieg anhält wird sich zeigen, schon machte die neue Regierung einige sehr üble Fehler, wie man sie eher aus der nachkolonialen Abstiegsphase der Ländern Afrikas kennt. Ich muss an die wirtschaftliche Blüte Sambia nach seiner Unabhängigkeit denken und den plötzlichen rapiden Zusammenbruch der Wirtschaft. Hoffentlich passiert das nicht noch einmal.

Die Entwicklung Sambias brachte Veränderungen mit sich, die Nachteile bedeuten können. So fällt es einheimischen Farmern unter Umständen schwerer, ihre Produkte gegen die Importe auf dem Markt mit dem nötigen Gewinn zu verkaufen. Klaus ist privat dabei ins Hintertreffen geraten. Er steckt sehr viel Zeit und Mühe in die Ausbildung junger Landwirte, die zu ihm auf seine kleine, aber extrem erfolgreiche Landwirtschaftsschule kommen. Seine eigene Farm ist damit aber zu klein geworden und er kann ihr nicht genug Aufmerksamkeit widmen, was sehr schlecht ist, da man in Sambia, wie in vielen Entwicklungsländern eigentlich alles selbst beaufsichtigen muss. Zwar gibt es einige sehr gute Mitarbeiter, aber das reicht eben nicht aus….die leben ja auch von der Farm und dem Projekt. Damit ist die Farm „überbesiedelt“.

Die vorteilhafte Entwicklung des Landes hat zwar für viele Wohlstand gebracht aber auf dem Lande ist davon meist nicht sehr viel angekommen. Die einheimischen Landwirte sind oft mehr Selbstversorger als Ernährer des Landes und haben große Familien zu versorgen. Wenn Regen ausbleibt, Schädlinge die Ernte befallen oder Krankheiten die Tiere treffen, kommt die Not ins Haus.

Unterernährung, Unterversorgung usw. kommen weiterhin vor. Die Kluft zwischen reicher Stadt und armen Land wächst, was typisch für den Weg vom Entwicklungsland zum Schwellenland ist.1,9% Bevölkerungswachstum (offizielle Angabe; ich schätze das Wachstum eher auf ca. 2,5%) sind für jedes Land schwer zu verkraften! Bei 10 000 Einwohner heißt das, dass jedes Jahr 190 neue Arbeitsplätze gebraucht werden. Welches Städtchen in Deutschland kann das schaffen? Entsprechend liegt die Jugendarbeitslosigkeit um die 50%. Aber das habe ich nur am Rande mitbekommen. Kriminalität ist nicht mehr ein so großes Problem für Twin Fountain, wie es einmal war, aber Zaun wurde gestohlen, als ich da war, und Monate vorher ist der Neffe von Klaus während eines Besuches in Livingstone überfallen und übel zugerichtet worden.

Barfußspuren.

Man kann sich vorstellen, wie gespannt ich war, die Farm wiederzusehen und all meine Freunde dort wieder zu treffen. Es ist noch die gute alte Twin Fountain-Farm, aber sie hat sich doch etwa verändert. Es gibt nun mehr Gebäude für die Angestellten, vom Farmarbeiter bis zum Lehrer. Vor einigen Gebäuden standen Autos und wenigstens die Lehrer hatten recht komfortabel eingerichtete Häuser, viel besser als es zu „meiner Zeit“ möglich gewesen wäre. Einige Angestellte beschäftigen sogar Gelegenheitsarbeitskräfte für ihre eigenen Gärten.

Die Erwachsenen und Kinder auf der Farm sind gut genährt, gut gekleidet und man trägt Schuhe und Strümpfe- ein deutlicher Kontrast zu „früher“ . Da ging es den Mitarbeitern zwar in der Regel auch besser als den Leuten sonst, aber nicht so gut wie jetzt. Das freute mich ungemein. Wenn ich auf den sandigen Wegen Abdrücke von unbeschuhten Füßen sah, dann stammten sie von Leuten der Nachbarfarmen oder den neu angesiedelten Landwirten am Rande der Farm. Einmal, als ich an ihnen vorbeifuhr, winkten mir auf der Farm zwei ca. 11jährige Jungen zu. Sie waren recht armselig gekleidet, barfuß und ihre dünnen Arme und Beinen und die Gesichter zeigten deutlich, dass sie über Jahre Mangelernährung erlitten hatten. Auf meine Frage hin erfuhr ich, dass sie die Kinder eines Angestellten einer Nachbarfarm seien. …man kann eben nicht alle Menschen die Hilfe brauchen, erreichen….oder ihnen wirklich helfen. Oft fehlt den Eltern einfach das Verständnis für die Notwenigkeit einer qualitativ guten Ernährung der Kinder. Die Finanzierung eines Handys ist eventuell wichtiger als die Investition in eine gute Ernährung der Familie. Die Grundschule hat deswegen auch ein Zusatzernährungsprogramm für die Schüler, das allerdings wegen der knappen Finanzen nur auf „Sparflamme“ läuft….aber immerhin.

Die gute Entwicklung für die Freunde auf der Farm ist nicht nur äußerlich. Ich hatte in der Stadt einen Chitengi (sarongartiger Wickelrock) gekauft, der mir auf der Farm aus der Einkaufstasche gefallen war. Als ich den Weg nach einer halben Stunde zurückging, fand ich ihn sauber zusammengefaltet am Wegesrand, mit Steinen beschwert, so dass ich ihn finden sollte und er nicht vom Wind weggeweht werden konnte. Vor 20 Jahren wäre das undenkbar gewesen. Wer ihn gefunden hätte, hätte ihn schnell eingesteckt.

Eine Belastung stellt die neue Ansiedlung von Kleinlandwirten auf dem Gelände zwischen der Twin-Fountain Farm und einer Nachbarfarm dar. Auf sehr schlechtem Boden ließen sich Neusiedler nieder, die kaum Startkapital, zu wenig Land und oft auch nicht die Fähigkeiten haben, eine Existenz sichernde Landwirtschaft aufzubauen. Sie profitieren von der Nähe zu Twin Fountain, z.B. durch Transportmöglichkeiten, Beratung usw. Somit hat man große Armut, die man im eigenen Kreis überwunden hat, und ständig wachsende Familien vor der Tür. Wie soll man helfen?

Auf dem Kompound, der Arbeitersiedlung auf der Farm, hatte Klaus schon vor über 20 Jahren gegen eine sambische Tradition gekämpft: Die Frauen kochen in der Woche in großen Fässern eine Maismehlsuppe, die gärt und Samstag gibt es dann eine große Bierparty mit vielen zahlenden Gästen. Traditionell ist das die Methode der Frauen schlechthin, sich das Geld zu sichern, was ihre Männer woanders vertrinken. Leider kommt es bei solchen Feierlichkeiten grundsätzlich zur Betrunkenheit und damit sehr oft zu Zank, Schlägereien und Verletzungen. Erst wurde die zu brauende Biermenge eingeschränkt, dann wurde möglichst unterbunden, dass Gäste von außerhalb kommen und endlich gelang es tatsächlich, bemerkenswerterweise mit Unterstützung der Farmarbeiter, die selbst merkten, wie nachteilig die Bierparties waren, dass das Bierbrauen erfolgreich untersagt wurde- mit positiven Auswirkungen für das Sozialleben im Kompound.

Der Zahn der Zeit

Welche Geschenke nimmt man für Freunde mit?

Mit meinem Bild von Sambia vor 15 Jahren im Kopf packte ich den Koffer, der dann auch bei Freunden bleiben sollte. Nun wusste ich ja, dass es schon viel mehr im Lande zu kaufen gab, als früher. Gummibärchen wurden eingepackt, da jeder sie mag und da es sie nur in Deutschland gibt. Computerprogramme, etwas Schmuck für indische Freunde, Käse,Kräcker und Lesehilfen, also preiswerte Brillen aus dem Supermarkt, Kleidung usw. Neben Käse für Klaus waren Lesehilfen die besten Geschenke. Meine ehemaligen Schüler, Mitarbeiter und Geschwister der Gemeinde, jünger als ich, sind eben auch älter geworden und freuten sich über Lesehilfen. Sambier haben meist sehr gute Augen bis ins Alter, aber für das Kleingedruckt reicht es dann doch nicht mehr. Meine letzte entbehrliche Lesehilfe, – geflickter Rahmen und angebrochener Bügel- bekam ein alter, sehr ärmlich gekleideter Gemeindebesucher, der die Bibel mit fast ausgestreckten Armen las. Der Zahn der Zeit nagt am Urgestein der Twin Fountain Mission. Wenn man es bei den Freunden an der Brillenstärke merkt, merkt man es auch an den Gebäuden, Farmkonstruktionen, Strommasten, an Rissen, abblätterndem Putz und insgesamt an der Materialabnutzung. Während auf der einen Seite neue Gebäude gebaut werden müssen und noch im Entstehen sind, fragen ältere Sachen, ob für sie nicht auch mal Geld, Zeit und Energie aufgewendet werden könnten, um sie frisch zu halten. Es gibt keine Ruhe für den Chef.

Als mal wieder der Strom ausfiel dachte ich mir nicht viel dabei, hörte dann aber ein vertrautes Prasseln. Ich ging raus, um den überlaufenden Wassertank abzudrehen, der lief aber nicht über. Als ich mich umsah, sah ich, dass einige Quadratmeter Gras in der Nähe des Wohnhauses von Klaus in Flammen standen. Eine Windböe hatte die Strommasten, die abgefault waren und nur von zum Boden gespannte Seilen gehalten wurden, umgeblasen. Ein Kurzschluss hatte das Gras entzündet. Wie schlägt man Alarm am Sonntag allein im Haus ohne Sirene? Die Mitarbeiter hatten es von ihren Häusern aus bemerkt und schnell sammelten sich vom Feldarbeiter bis zum Lehrer im weißen Sonntagshemd alle um mit belaubten Ästen usw. das Feuer auszuschlagen. Mit meinem Wassereimer hätte ich da nicht viel ausrichten können. So ein Grasbrand auf einer Farm kann erheblichen Schaden anrichten, denn das trockene Gras ist das Futter der Rinder für Monate. Schnell wurden die Masten, die ohnehin bald gegen neue ausgetauscht werden sollten, wieder aufgestellt und vertäut.

Wer über deutsche Autobahnen fährt und sich darüber ärgert, dass sie wegen Erneuerungsarbeiten mit Baustellen und deswegen Staus gespickt sind, der weiß, was ein Projekt wie die Twin Fountain-Farm zwangsläufig an Problemen betreffs Instandsetzung und Erneuerungsarbeiten mit sich bringen muss, nur dass hier kein Staat und Steuerzahler mit Arbeitskolonnen und Geld bereitsteht.

Die Primarschule Good Hope, die dem Projekt angegliedert wurde, wird wiedermal erweitert und verbessert. Sie hat jetzt auch eine Schreinerei mit Lehrbetrieb.

In der Nachbarschaft wurden Waisenheime ,die von einem kanadischen Unternehmer der Gemeinde bezahlt wurden, errichtet. Das sieht nach sehr guter Arbeit aus. Durch die gute Bezahlung der Mitarbeiter entgingen einige Freunde, die als Lehrer und Evangelisten tätig waren und durch winziges Staatsgehalt bzw. -pension sehr benachteiligt sind, der Verarmung. Dabei leisten sie jetzt weiterhin noch sehr gute Arbeit. Ehrliche und moralisch gefestigte Mitarbeiter sind in Sambia ganz schwer zu bekommen.

Die gesamte Arbeit der Mission wird allgemein gelobt und sogar die Regierung schickt Leute, die sich informieren sollen, wie die Landwirtschaftsschule als Vorbild für staatliche Schulen herangezogen werden kann.

Ich verbrachte einen guten Teil meiner Zeit mit dem Versuch, uralte Computer, die wir für die Arbeit geschenkt bekommen hatten, brauchbar zu machen..eigentlich ohne Erfolg. Ewige Stromausfälle, das Alter der Dinger und meine Mangelerfahrung mit derartigen Problemen machten es sehr schwer. Ich bin jetzt noch dran, passende Linux-Programme und Erklärungen dafür auf CDs zu brennen, in der Hoffnung, dass sich jemand findet, der Zeit, Energie und die Fähigkeit besitzt, die alten Computer damit zum Laufen zu bringen. Die Nächte waren manchmal sehr kalt. Ich saß dann mit 2 Pullovern und einer Jacke an den Computern und fror. In Südafrika hatte es geschneit (das gibt es, aber sehr, sehr selten) und der Südwind brachte die Kälte. Als ich Freunde, ein altes indisches Ehepaar, in Kalomo besuchte, ging es ihnen nicht gut. Sie hatten vor Kälte in der Nacht davor nicht schlafen können und waren sehr mitgenommen. Für alte Leute ist so etwas sehr hart, besonders wenn sie im Haus nicht heizen können oder wollen. Auch Ruth und Heinz mögen die Kälte nicht und besonders Ruth musste sich sehr dick anziehen und sich manchmal in zahlreiche Decken gehüllt auf die Couch legen, bis die Sonne die Welt erwärmte. Ich selbst musste an einigen Tagen auch 2 Pullover tragen! Früher hätte mir einer gereicht. Der Zahn der Zeit nagt auch an mir. Das merkte ich dann auch auf dem an sich sehr angenehmen Rückflug. Ich holte mir eine Thrombose im rechten Unterschenkel, aber die Sache ist unter Kontrolle; theoretisch hätte es ja auch tödlich sein können. Für mich war es schön zu sehen, wie gut und geduldig die sambischen Freunde mit Heinz und Ruth Müller zusammenarbeiten können.

Nebensache Ziegen

Wer mich kennt, weiß, dass ich mit viel Spaß und Engagement Ziegen und Schafe für die Mission züchtete. Es ging darum, dass mehr Nahrung produziert werden musste auf der bereits genutzten Fläche. Ziegen konnten Dornbüsche, die als Ackerunkräuter Weiden überwuchern und andere Pflanzen, die Rinder nicht fraßen, beweiden und nutzen. Es gibt noch Schafe und Ziegen auf Twin Fountain. Jetzt sind es auch bessere Rassetiere. Sie spielen aber nur eine untergeordnete Rolle und es wird nur wenig auf der Farm geschlachtet. Der hohe Arbeitsaufwand des Schlachtens, Zuschneidens, Lagerns und Vermarktens des Fleisches ist nicht mehr zu rechtfertigen. Die Tiere werden, wie auch Esel, zur Selbstversorgung und für Lehrzwecke fürs College gehalten. Bei Festen, wie dem Tag des Landwirts, werden z.B. Kühe, von den Farmarbeitern geschlachtet und dem Kochtopf zugeführt, sonst kauft man Fleisch abgepackt im Handel. Hühner werden dagegen marktgerecht aufgezogen, geschlachtet und verkauft.

Dass wir mit Ziegen gar nicht so verkehrt lagen, beweist die Arbeit einer anderen großen Hilfsorganisation. Sie gab Einheimischen Ziegen unter der Voraussetzung, dass sie später einige Nachkommen davon an andere Bedürftige weitergeben würden. So verbreitete sich die Ziegenhaltung in der Region. Man sieht nun immer öfter kleine Herden durch die Gegend ziehen. Allerdings wurde kein Wert darauf gelegt zu sehen, ob diese extensive Haltung nicht die Natur gefährdet. Unkontrollierte Beweidung durch Ziegen ist sehr nachteilig.

Einige der Dinge, die wir früher ausprobierten haben sich heute erübrigt, da eine eigene Produktion sich nicht mehr lohnt, der Markt bietet es u.U. günstig an. Die Mitarbeiter der Farm haben eigene kleine Felder, züchten nebenbei Geflügel, Tauben und sogar Schweine zur Selbstversorgung. Das freute mich sehr zu sehen. Es geht eben etwas besser als früher, so kann man heute Schweinefutter kaufen. Erst dadurch wird die Borstenviehhaltung möglich.

Die freie Marktwirtschaft, die es erst seit ca. 16 Jahren in Sambia wieder gibt, zwingt zu sehr ökonomischem Denken. Die neue Rinderrasse auf Twin Fountain gefällt mir nicht besonders. Mir gefielen die riesigen Brahman-Rinder und die Landrasse. Nun werden Bonsmara gehalten. Dies ist eine Rasse, die besonders auf Angepasstheit an die Gegebenheiten der südlichen Savannen Afrikas gezüchtet wurde. Sie kann die Weiden am effektivsten ausnutzen. Wer als Züchter dieser Rasse anerkannt werden will, darf seine Tiere nicht auf Ausstellungen zeigen, denn wenn das passiert, wird diese Rasse so gezüchtet, dass sie vom Erscheinungsbild her den Betrachter beeindruckt. Damit aber geht das Ziel verloren,Tiere zu züchten, die optimal für die Nutzung der rauen Savannen sind und der Sinn der Zuchtarbeit wäre verfehlt.. Eine derartige Einsicht und weitsichtige Planung halte ich für sehr beachtenswert, da zur Zeit auf der Welt, gerade in unserem Kulturkreis, nichts wichtiger zu sein scheint als zu präsentieren, zu repräsentieren. und etwas „zu verkaufen“. Die Darstellung und Verpackung ist oft wichtiger als der Inhalt. Das sollte ja nicht sein,denn es täuscht etwas vor, das nicht so ist und es schadet den Menschen. Den Armen in Afrika mag es erspart bleiben. Hier muss das zählen, was in der Verpackung ist. Ich denke, damit sollte die Entwicklung der Rinderrasse ein Vorbild auch für jede Arbeit, nicht nur in Afrika, sein, auch für die Arbeit an der Seele der Menschen.

Aids

Wenn ich mich mit ehemaligen Schülern unterhielt, nach Angestellten der Farm fragte usw., erfuhr ich oft vom Ableben der Bekannten. Unausgesprochen blieb oft der Grund für das frühe Sterben: erworbene Immunschwäche durch Infektion mit HIV, also Aids. Aids war in Sambia sehr weit verbreitet. Man schätzte die Zahl der infizierten Menschen im Alter zwischen 26 und 45 Jahren in den Städten auf 50%! Der hohe Bedarf an Waisenhäusern ist eines der Resultate der Krankheit. Die Eltern starben und die Verwandtschaft war überlastet mit den Waisen. Die Krankheit riss große Lücken in viele Sippen, dazu kamen oft noch bittere Armut und die anderen tropischen Krankheiten wie Malaria.

Wer Aids hat, der magert stark ab. Als ich vor 15 Jahren einen afrikanischen Freund in dem Dorf besuchte, wo er Lehrer war und eine einfache Grundschule organisiert hatte, erschrak ich furchtbar, als wir uns umarmten: er war nur Haut und Knochen. Ich fühlte erschrocken noch einmal nach und merkte das zwischen Haut und Kochen harte Muskeln waren. BaWilson, der ohnehin nicht zur Fettleibigkeit neigt, hatte sich jedes Gramm Fett abgearbeitet: Er besuchte auf einem Fahrrad, über Sand und Trampelpfade hoppelnd, Dörfer nah und fern, um Einladungen zu Bibelstunden und Predigtdienst nachzukommen, arbeitete mit den Kindern für die Schule und versuchte eine kleine Landwirtschaft aufzubauen, damit die Familie ernährt werden konnte, denn sein Lehrergehalt reichte nicht weit…falls es überhaupt was zu kaufen gab. Mission und Freunde unterstützten ihn, so gut es ging. Ich traf ihn zu meiner Überraschung auf der Nachbarfarm wieder. Hier haben kanadische Geschwister die Farm von einem Farmer übernommen, der sich zurückgezogen hat, und bauten zusammen mit sambischen Geschwistern ein Waisenheim mit Schule auf. BaWilson, inzwischen vom Staatsdienst pensioniert, arbeitet hier, bewohnt ein schönes Haus, hat einen Geländewagen und baut in der Stadt Kalomo ein kleines Mädchenpensionat. Das freute mich, denn oft sind Lehrer in Sambia bitter arm, wenn sie pensioniert werden. Es hätte mich deprimiert, hätte ich BaWilson und sein Frau, die immer sehr aktiv waren, um etwas für andere Mensch zu tun, in Armut angetroffen. Ich verbrachte einen sehr schönen Tag mit ihnen und durfte ihr noch im Rohbau stehendes Mädchenpensionat bewundern.

Viele Kinder aus ländlichen Gebieten wohnen zu weit von der nächsten Schule entfernt, auch wenn von ihnen Schulwege von bis zu 12 km 2x täglich zu Fuß zurückgelegt werden. Man gibt die Kinder daher zu Verwandten, die in der Nähe einer Schule leben, oder sucht andere Unterbringungsmöglichkeiten. Nur zu oft bleiben die Kinder zu wenig behütet. Junge Mädchen werden nicht selten Opfer sexueller Übergriffe, auch weil sich der Aberglaube hält, dass Geschlechtsverkehr mit ganz jungen Mädchen vor Aids schützt. BaWilsons Projekt soll ein Beitrag dazu werden, dass einige Mädchen, in der Schulzeit weit weg von ihren Familien, sicher in einer Ersatzgroßfamilie aufwachsen, zur Schule gehen können und in ihrer Entwicklung gefördert werden.

BaWilson konnte durch seine Arbeit mit und für die Mission sehr gefördert werden. Klaus ermöglichte ihm seine erste Reise ins Ausland zu einer christlichen Konferenz. Die für ihn nun günstige wirtschaftliche Situation und gute Bezahlung seiner Arbeit für das Waisenheim ermöglichen es ihm, dieses Projekt als private Sache in Angriff zunehmen. Heute ist Aids weniger verbreitet und die Kranken können oft ausreichend behandelt werden, aber es gibt noch zu viel Infizierte und der HI-Virus erreicht immer noch zu viele Opfer. Mit Plakaten und Ermahnungen aus der Bibel machen Staat und christliche Organisationen auf das Problem und seine Verhütungsmöglichkeiten aufmerksam.

Alles Papaya oder was?

Da Christiane nicht da war und wir selbst kochten, nutzte ich die Gelegenheit und schwelgte in dem, was mir zu Hause fehlt: Kürbis, Süßkartoffeln und Papaya. Ehemalige Schüler und Freunde hatten mir zwei riesige Süßkartoffeln und einen Kürbis geschenkt. Papaya gab es von der kleinen Obstbaumplantage der Farm. Zur Papaya habe ich ein besonderes Verhältnis. Sie ist keine besonders wertgeschätzte Frucht, ich esse sie aber sehr gern. Da man sie leicht aus Samen ziehen kann, sie in Sambia gut und schnell wächst, hatte ich früher mehrere Bäume davon im Garten. Von meinem alten Hausgehilfen, der aus der Ostprovinz Sambias kam, erfuhr ich, dass gekochte grüne Papayafrucht ein Gemüse ist. Als das Deutsche Reich Togo und Kameruns als Kolonien hatte, versuchte man grüne Papaya als Kohlrabi-Ersatz dem deutschen Verbraucher schmackhaft zu machen. Von Indern ließ ich mir sagen, dass grüne Papaya ein guter Fleischzartmacher sei (stimmt!). Ein chinesisches Kochbuch unterrichtete mich, dass 3/4 reife Papaya mit Zucker gekocht ein gutes Kompott ergibt, was mir thailändische Geschwister bestätigten…aber da war es schon längst eines meiner Lieblingsgerichte. Nur konnte ich leider weder Sambier noch Europäer dafür begeistern. Schade, dies wäre eine Ergänzung des Speiseplans gewesen. Also nahm ich noch einmal einen Anlauf: grüne Papaya als mittelmäßig guten Kohlrabi-Ersatz zum Essen. BaGuard, der alte Freund und Hausmann, aß mit mir und fand es akzeptabel. Er will es seiner Frau näherbringen. Zu meiner Freude und meinem Erstaunen erzählte mir Heinz, der die Obstbaumplantage beaufsichtigt und organisiert, dass man inzwischen Papaya auch in der Stadt verkaufen kann.

Seit Jahren lebt der in Ostdeutschland ausgebildete BaTembo als Lehrer, Entwicklungshelfer und Missionar auf Twin Fountain. Als ich ihm von meiner Papayabegeisterung erzählte, meinte er nur, dass dort, wo er herkommt, nämlich der Ostprovinz Sambia man schon immer grüne Papaya mit Erdnüssen als Gemüse essen würde. Dadurch allein, dass Sambia sich deutlich entwickelt und man nun Pizza kennt, sind einige Hauptprobleme nicht viel besser geworden: Konservative Grundhaltung in vielen Lebensbereichen verhindert horizontalen Wissenstransfer, das heißt, es wird nicht genug oder schnell genug von anderen Menschen gelernt. So landen unreife Papayas, die bei der Ernte vom Baum fallen, auf dem Abfall statt im Kochtopf, der bei vielen Familien doch nicht gefüllt genug ist. Ähnliche Probleme der mangelnden Angepasstheit gibt es natürlich auch bei uns, aber insgesamt geht es uns so gut, dass wir uns Verschwendung besser leisten können (leider), und in Notzeiten bewies sich unsere Gesellschaft bisher doch als recht anpassungs- und improvisationsfähig.

Ein anderes exotisches Nahrungsmittel ist Bonko (Amaranthus hybridus), ein aus Amerika eingeschlepptes Ackerunkraut, das als Spinat einen sehr hohen Nährwert hat. Man kann es leicht anbauen. Ich düngte früher in meinem Garten Beete mit Ziegenmist, nachdem ich den Tieren Bonko gefüttert hatte. Der Mist war voll Samen der Pflanze und das Gemüse war damit ausgesät. Frauen kamen dann und boten an, bei mir Unkraut zu jäten. Natürlich wollten sie den Bonko als Spinat ernten, denn sie konnten sich nicht vorstellen, dass ein Europäer so etwas isst, und da es als Armeleuteessen gilt, wollten sie auch nicht sagen, dass sie es als Gemüse brauchten. Trotz Nahrungsmittelknappheit hatten die Schulküche des Internats und viele Sambier es abgelehnt, Bonko mit im Speiseplan aufzunehmen, geschweige denn ihn anzubauen. Jetzt wird es angebaut und in der Stadt verkauft..nach 25 Jahren der Durchbruch. Ich staunte.

Kleine Bäumlein einer bestimmten Leguminosenart, die ich ca. 1988 pflanzte, sind nun erst ca. 120 cm hoch, unter guten Bedingungen wären sie ca. 5 m hoch. Damit zeigte sich, dass ein bestimmter Boden und Teil der Farm nicht für diese Nutzpflanze geeignet ist. Das nennt man Erfahrung sammeln durch Langzeit-Experimente. Opuntienkakteen wachsen dafür sehr gut als Hecken und Futterpflanzen für Notzeiten. Die können schnell kommen, denn die letzte Regenzeit erbrachte so wenig Regen, dass der Damm der Farm schon jetzt fast ausgetrocknet ist..und es waren noch 4 heiße Monate bis zur Regenzeit. Der trockene Damm offenbarte noch ein Problem Afrikas: um die Malaria zu bekämpfen, sorgten einige Organisationen und die Staaten selbst dafür, dass es Moskitonetze so preiswert zu kaufen gab, dass jeder sie sich leisten konnte, oder sie wurden gleich verschenkt. Viele der Netze landete aber in Flüssen und Seen als Fischnetze….und genau diese Art der „Netze“ finden sich auch, achtlos zurückgelassen, am Boden des austrocknenden Sees. Da ist noch viel Aufklärungs- und Erziehungsarbeit notwendig. Malaria ist zur Zeit kein großes Problem im Süden Sambias, aber Jahre, wie bereits gehabt, wo die Malaria nur so wütet, können jederzeit wiederkommen..ob dann noch jeder Moskitonetze hat oder bekommen wird?

Infrastruktur.

Wir fuhren zu einer der neuen Siedlungen vor der Farm, um dort jemanden mitzunehmen, der in Kalomo Gemüse verkaufen wollte. Das Gemüse war schon zusammengebunden und wurde in einer Plastikwanne mit Wasser frisch gehalten. Man lud es auf den Wagen und die Wanne wurde schwungvoll ausgegossen. Eine große Lache Wasser stand kurz auf dem Boden vor dem Garten und war dann im Sand versickert. Um den kleinen Gemüsegarten zu bewässern, muss mühsam Wasser aus dem Brunnen dorthin getragen werden. Ich verstehe nicht, wie man eine Wanne dann sinnlos auskippen kann. Derartiges hatte ich früher sehr oft gesehen. Vorschläge zu sinnvollerem Handeln waren meist nutzlos.

Wenn man genug Wasser hätte, könnte man wesentlich mehr in der Landwirtschaft produzieren. Klaus lässt über eine elektrische Pumpe aus einem Brunnen das Wasser pumpen. Alle Familien auf Twin Fountain nutzen es, die Gärten und manchmal Felder werden damit bewässert. Um mehr bewässern zu können bräuchte man mehr Wasser im Untergrund, mehr Pumpen, mehr Leitungssysteme und mehr Energie. Der Strom fällt oft aus, ein Generator ist nötig, der braucht Diesel und das Wasserleitungssystem muss erhalten werden.

Erhalten werden müssen auch die Autos, Traktoren und Klein-Lkws. Ich glaube Transportmittel sind für eine Mission mit das wichtigste materielle Gut, ohne sie kann nicht gewirtschaftet werden, Besuche für Predigten oder Bibelstunden in den Dörfern fern und nah könnten nicht gemacht werden. Ohne Autos könnten Ärzte, Städte, Flughäfen nicht erreicht werden usw. Früher konnten wir der Arbeit der Gemeinde einfach dadurch helfen, dass wir sambische Geschwister, die predigten, zu ihrem Einsatzort in die Dörfer brachten. Das wird heute auch noch gemacht, aber da einige der Mitarbeiter auf der Farm eigene Autos haben, ist es nicht mehr so häufig notwendig. Die Straßen für die Autos müssen auf Farmen und zu Farmen selbst angelegt und erhalten werden. Zweimal wanderte ich zur Nachbarfarm, um einen alten Freund zu besuchen. Zweimal war er gerade nicht da. Die Wanderung dauerte jeweils auf dem weichen sandigen Boden fast zwei Stunden. Mit dem Auto sind es 15 Minuten. Er holte mich später ab und wir verbrachten einen wunderbaren Tag zusammen. Das Festnetztelefon funktioniert natürlich nur bei Strom und dann auch nicht immer ausreichend.

Die staatliche Elektrizitätsgellschaft baute an der Leitung vom Süden in den Norden und schaltete daher immer wieder, oft für einen ganzen Tag, den Strom aus. Das passiert auch bei Gewitter oder wenn das Netz mal wieder überlastet ist. Ganz Kalomo funktionierte nur eingeschränkt. Fahrzeuge bekommen dann kaum Treibstoff, weil die Tankstelle für die Zapfsäule ja Strom braucht. Auf der Farm muss der Chef selbst für den Erhalt der Stromleitung sorgen. Ohne Strom kein Wasser, keine Kühlgeräte usw.

Insgesamt, bei großer Mühe und trotz Einschränkungen gelingt es Twin Fountain, die Infrastruktur und Versorgung so gut zu erstellen, dass die College-Mitarbeiter dort gerne bleiben und ausreichend versorgt sind. In vielen Teilen der Welt leiden die ländlichen Gebiete darunter, dass die gut ausgebildeten jungen Menschen, die das Gebiet voranbringen könnten, dort nicht leben wollen. Es fehlt an zu vielen Möglichkeiten. Einer der Mitarbeiter des Colleges versuchte zweimal für jeweils mehrere Jahre „seinen Leuten“ in einem relativ abgelegenem Gebiet als Entwicklungshelfer im eigenen Land zu helfen. Zweimal musste er aufgeben, auch weil die Lebensbedingungen zu schlecht waren. Spätestens, wenn man sieht, dass die eigenen Kinder keine richtige Beschulung, Gesundheitsfürsorge und Entwicklungsmöglichkeiten bekommen, weil man zu isoliert im ländlichen Gebiet lebt, merkt man, dass man in die Stadtnähe ziehen muss. Anderen engagierten Sambiern wie BaWilson ging es genauso. Es ist klar, dass diese Probleme auch die Geschwister im ländlichen Raum betreffen.

Gesucht und gefunden

Eines meiner Projekte für den Urlaub auf Twin Fountain war es, den sambischen Weihrauchbaum zu finden. Ich kannte ihn als Baum, vom dem man große Äste abschlägt, in den Boden setzt damit er wieder Wurzeln treibt und so einen lebenden Zaunpfahl bildet. Erst in Deutschland erfuhr ich, dass der Baum ein weihrauchartiges Harz absondern soll. Das wollte ich finden und malte mir aus, wie ich durch den Busch streifen würde, auf der Suche nach dem Weihrauchbaum. Die Expedition wurde kurz: ein derartiger Baum steht vor dem Garten an Müllers Haus und aus den abgeschnittenen kleinen Zweigen tritt duftendes Balsamharz in kleine Tropfen aus. Nun kann man in Predigten nicht nur von Weihrauch erzählen, man kann es auch zeigen. es wäre schön, wenn wir es auch noch produzieren und verwerten könnten. Mit duftenden Blättern einer bestimmten Eukalyptusart gefüllte Säckchen könnte man wohl schon als afrikanische Duftkissen für Kleiderschränke verkaufen, jedenfalls ist mein Kleiderschrank schon mit solchen Blättern aufaromatisiert.

Hotel Müller

Müllers haben viele Besucher. In den 2 Wochen meines Aufenthaltes waren noch 2 Oberstufen-Schüler bei Klaus, seine Nichte war da, 4 Besucher auf der Rückreise von einer Konferenz kamen für einige Tage, und andere schauten vorbei, die aber nicht untergebracht werden mussten. Klaus hat immer wieder Besucher aus Deutschland im Haus, darunter auch junge Menschen, die sich für eine Arbeit in Afrika interessieren. Mit Freddy und Sven, den beiden Oberschülern, ging es sehr gut. Ich lernte die zwei schnell schätzen wegen ihrer liebenswürdigen Art, ihrem Engagement und Fleiß. Wir kochten zusammen afrikanisch, wie sie es von der Hausangestellten von Heinz und Ruth gelernt hatten und ich es teilweise noch konnte. Von ihnen lernte ich den Rape zu kochen, sie von mir, wie man die verfeinerte Maisbrei kocht. Für mich wurde es ein Nostalgiefestessen, da es so war, wie die Mahlzeiten in den sambischen Dörfern, wenn man bei Predigtbesuchen eingeladen wurde. Die beiden arbeiteten an den neuen und alten Computern und bekamen die neueren davon auch zum Laufen.

Besucher im Hause zu haben ist bestimmt nicht immer leicht. Man hat in Europa gewisse Vorstellungen und Erwartungen von der Arbeit eines Missionars vermittelt bekommen und denkt bei Afrika an romantische Sonnenuntergänge und Abende am Lagerfeuer, an Safaris usw. Der Alltag sieht oft anders aus und gerade junge Menschen finden nicht die von zu Hause gewohnten Unterhaltungsmöglichkeiten. Ich kann mich kaum an Besucher erinnern, mit denen es Interessenskonflikte gab – aber die Gefahr ist immer gegeben. Der Arbeitsalltag muss schließlich bewältigt werden und man möchte auch auf den von weit angereisten Gast eingehen, aber ob man den Erwartungen gerecht werden kann oder ihn enttäuscht ist nicht abzusehen.

Müllers und ihre Arbeit sind recht bekannt im Süden Sambias, selbst ein deutscher Botschafter und seine Familie, die eine Autopanne bei Kalomo hatten, besuchten mal Twin Fountain, um dort zu übernachten, quasi als Nachtasyl.

Sambia ist seit einigen Jahren recht interessant auch für die Organisatoren von internationalen Konferenzen. Klaus war 4 Tage auf einem derartigem christlichen Treffen in Lusaka als Referent und Teilnehmer gewesen und kam mit sehr interessanten Berichten u.a. über die schwierige Situation der Christen in Nigeria im Konflikt mit dem Islam und Ansätze der Problemlösung zurück sowie der Ankündigung, dass Besuch von der Konferenz käme. Ich war sehr überrascht einen alten Freund wiederzusehen: Sam Mutongele, ugandischer Prediger einer Gemeinde in Kinshasa. Sam, der schon zu landwirtschaftlichen Kursen auf Twin Fountain war, nutzte die Gelegenheit uns wieder zu besuchen. Mit ihm kamen 3 amerikanische Geschwister der Organisaton „Helping Hands“, die ein sehr reges Interesse an Müllers Arbeit hatten und 3 Tage blieben, um sich in der Zeit die Projekte genau erklären zu lassen, bevor sie Klaus zum Flughafen brachte.

Letzte Gedanken

Nur ganz kurz besuchte ich die Namwianga Sekundar-Schule, wo Klaus und ich zuerst tätig waren. Es war sehr schön, Freunde wiederzusehen, wenn auch nicht alle angetroffen werden konnten.

Die amerikanischen Geschwister haben hier ein Waisenheim eingerichtet, einen Rundfunksender, der in der Region christliche Programme besonders in der Landessprache ChiTonga ausstrahlt und zum gelbten Glauben ermutigt. Weiterhin sind die Mission und ihre Schule das Zentrum der Evangelisation in der Region. Von hier aus reisen Geschwister zum Teil in recht entfernte Teile Sambias um zu predigen und zu beraten. Es gibt eine kleine Klinik, zur Zeit jedoch ohne Doktor, ein Kollege für die Lehrerausbildung und weitere Einrichtungen. Viele neue Gebäude wurden errichtet und bessere Straßen angelegt. Es gibt sehr viele Christen in dem Gebiet und auch viele, die sich gegen den christliche Glauben entschieden haben. Viele Christen kommen aus christlichen Elternhäusern und haben den Glauben mehr übernommen als sich dafür entschieden. Hier sind besonders die sambischen Mitarbeiter die, die „Traditions-Christen“ erreichen und zum eigenen Glaubensbewusstsein ermutigen können.

Ein dänischer König soll dem ersten Grönland-Missionar, Hans Egede, (1686-1758) der sehr traurig darüber war, dass nach vielen Jahren harter Arbeit und Entbehrung und viel Geldaufwand nur sehr wenig Grönländer zum Glauben an Christus gekommen waren, gesagt haben, dass nur ein einziger Mensch, der so zum ewigen Leben gekommen ist, allen Aufwand lohnt. In der Missionsarbeit der Twin Fountain Farm geht es aber weniger darum „Menschen, die nichts von Christus wissen oder wissen wollen“, zum Glauben zu bringen, als denen zu helfen, die im Glauben sind, den Glauben zu bewahren, ihre Kinder im Glauben zu erziehen und ihnen zu helfen, im Leben auch materiell zu bestehen durch Bildung und vermittelte Motivation. ( Jakobus 2;15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester Mangel hätte an Kleidung und an der täglichen Nahrung (16) und jemand unter euch spräche zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gäbet ihnen aber nicht, was der Leib nötig hat – was könnte ihnen das helfen?)

Wenn auch das schnelle Bevölkerungswachstum und die sich verändernden Gegebenheiten viele Versuche der Hilfe von Twin Fountain aus steckenbleiben ließen, so gelangen, jedenfalls meiner Meinung nach, die wichtigsten Versuche doch recht befriedigend.

Bibelschulen gibt es in Afrika sehr viele, aber Schulen, wo ein Beruf erlernt werden kann, der satt und unabhängig macht, gibt es wenige. Twin Fountain bietet da eine Chance, die Good Hope Primar-Schule begegnet dem Mangel an Förderung von Kindern durch eine gute Schule.

Ich durfte in dem Zimmer der jüngsten Tochter von Klaus und Christiane schlafen, unter Bildern von Pferden, dem Ehemann und schöner, selbstgefertigter Kunst. Keines der 3 Kinder, die jetzt Erwachsene sind, ist mehr auf der Farm. Sie leben in Deutschland und Südafrika. Christiane ist für eine längere Zeit in Deutschland zur medizinischen Behandlung und das Haus ist recht leer. Einem Vater und Ehemann fehlt da sicher viel, und auch ich merkte, dass dies nicht mehr das fröhliche Heim ist, das es mal war. So ist der Gang des Lebens nun einmal, aber sehr schön ist das nicht.

Auf dem Rückflug von Sambia zog ich mir eine Thrombose im Unterschenkel zu. Die Sache kuriert nun langsam aus. Fragt man mich, ob die Reise Geld und Thrombose wert waren, kann ich das nur lebhaft bejahen. Das Wiedersehen mit Freunden und Geschwistern, aber besonders die direkte Berührung mit der Arbeit der Farm war mehr als das wert. Es war ein Geschenk Gottes.

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